Mexiko #6

Spät aber doch haben wir den kleinen Ort La Paz erreicht. Nachdem wir die Schlüssel von einem alten Freund von Francisco abgeholt haben, konnten wir endlich in die Hacienda. Die Schlüssel haben wir deshalb bei einem Freund abgeholt, da Sergio, Hausherr und Freund von Francisco, erst am folgenden Nachmittag zur Hacienda kommen würde.
Draußen war es schon finster und daher konnten wir von außen nicht viel von dem Gebäude sehen, doch als wir die großen Eingangstüren öffneten und in den Eingangsbereich kamen, hatte mir Francisco nicht zu viel versprochen. Denn beim Eintritt in die Hacienda, ist das wie eine Zeitreise. Die Hacienda ist nämlich schon etwa 200 Jahre alt und hat irrsinnig hohe Räume, einen schönen alten knarrende Holzfußboden und eine Ansammlung an Ausschreibungen der Stierkämpfe an den Wänden, die den Zimmern einen gewissen Charme und Geschichte verleihen. Auch die Küche, die im Landhausstil gehalten ist, passt meiner Meinung perfekt in dieses alte Anwesen. Weiter ging es in die Schlafräume und von denen gibt es wirklich einige. Insgesamt können glaube ich mehr als 20 Personen auf der Hacienda übernachten.

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Wer, Wie, Was Hacienda?
Also der Besitzer der Hacienda, wie ich oben schon genannt habe, ist Sergio und diese Hacienda ist schon seit einigen Generationen im Besitz seiner Familie. Eines der Geschäfte von ihm ist die Zucht von Stieren für Stierkämpfe, sogenannte Corridas. Da es heute weit nicht mehr so viele Stierkämpfe gibt, hat Sergio zu seinen 250 Kampfstieren nochmals so viele gewöhnliche Rinder, die auch verkauft werden.
Das gesamte Anwesen der Hacienda ist riesig. Es gibt einen kleinen Stausee, Stallungen, zwei Stierkampfarenen und viel Weidefläche.

Was uns Francisco schon einmal verraten hat ist, dass wir einerseits wieder die Möglichkeit haben werden einen schönen Ausritt zu machen und andererseits auch näher an die Stiere kommen würden. Wie nahe nun wirklich würden wir ja dann sehen…

Nachdem wir unsere Betten gewählt haben, bekamen wir von Francisco noch einen geschichtlichen Background und Inoformationen über die Bedeutungen der verschiedenen Plakate, über die Stiere und über die Hacienda.
Interessant zu wissen ist, dass …

… die Kampfstiere nicht in Stallungen, sondern auf großen Weiden gehalten werden und nur zum Verkaufen oder Bewerten in kleinere Paddocks kommen. Ansonsten leben sie das ganze Leben in ihrer Herde.

… die Rasse der Kampfstiere eine bestimmte ist, die von Natur aus so aggressiv ist. Schon kurz nach der Geburt fangen die Kälber an, dieses aggressive Verhalten zu praktizieren. Die weiblichen Stiere sind außerdem ebenso aggressiv, wie die männlichen.

… nicht immer ein Stier bei einer Corrida sterben muss. Wenn der Torero alles aus dem Stier rausholen kann, also wenn der Stier besonders gut performt, können die Richter den Stier am Leben schenken. Dieser wird dann wieder an seinen Verkäufer zurückgegeben und dient als Zuchtstier.

… oft der Kopf von besonderen Stieren präpariert wird. Häufig sieht man Stiere ohne Ohren, oder mit nur einem Ohr. Wenn nämlich der Torero besonders gut performt oder dem Publikum besonders gut gefallen hat, bekommt er entweder ein oder beide Ohren des Stiers. Und wenn er noch besser/beliebter war, erhält er darüber hinaus noch den Schwanz des Tieres.

… normalerweise so eine Corrida nur etwa 15 Minuten dauert. Nach wenigen Minuten lernt der Stier nämlich die Bewegungen des Toreros besser einzuschätzen. Auch vor der Corrida war der Stier noch nie in so einer Arena.

Am nächsten Tag nach dem Frühstück hat uns Francisco ein bisschen auf dem Grundstück der Hacienda herumgeführt. Zuerst sind wir zur neuen Stierkampfarena, dort sind wir dann auf die Steinmauern und sind diese entlangspaziert. Nach einigen Metern sind wir zu dem Einlasstor gekommen und wuuumps, hat sie sich auch schon bemerkbar gemacht. Im ersten Moment bin ich sogar ein bisschen erschrocken, da ich ehrlich gesagt nicht damit gerechnet hätte, dass da wirklich ein Stier dahinter ist. Mit dem zweiten Blick habe ich erkannt, dass es eine Kuh war, aber trotzdem, eine von der gefährlichen Sorte.
Wir sind dann nacheinander auf der Steinmauer an ihr vorbeigegangen. Sie scherte mit den Hufen, senkte den Kopf – total aggressiv und zum Kampf bereit. Auf die Frage warum diese Kuh hier eingesperrt war, meinte Francisco nur, dass sie schon für später für uns hierhergebracht wurde. Sehr witzig haha …

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Nach unserem Mittagessen haben wir unsere Pferde gewaschen und gesattelt und sind zu einem kleinen See mit Wasserfall geritten. Die Szenerie war total beeindruckend!

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Beim Zurückreiten haben wir dann noch eine schöne Gerade als Galoppstrecke ausgenutzt. War das vielleicht lustig!

Als wir die Hacienda wieder erreicht haben, war unser Gastgeber Sergio schon eingetroffen. Nach einer sehr netten Begrüßung haben wir uns auf den Weg zur Stierkampfarena gemacht. Dort haben wir die Basics eines Toreros von Francisco und Sergio gezeigt bekommen.
Sergio meinte, dass wir später sogar die Möglichkeit haben würden, unser Können bei dieser jungen Kuh unter Beweis zu stellen. Von uns wusste keiner so wirklich, ob das jetzt ernst gemeint, oder nur Spaß war. Ich war dieser Kuh schon am Vormittag auf der Mauer nahe genug gekommen, um diese Aggressivität und Kampflust zu sehen und dann würden wir auch noch in der Arena diese Moleta (das rote Tuch) schwingen … nein … ich meine, ein bisschen hänge ich ja schon an meinem Leben.

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Nach einigen Minuten wurde uns aber einiges klarer. Sergio hatte die Kuh nicht für uns in die Arena bringen lassen, sondern für jemand Professionelles.
Kurz darauf ist dann ein Torero aus Spanien zu uns gestoßen, um Sergio bei der Bewertung der Kuh zu helfen. Die weiblichen müssen nämlich auch in der Arena getestet werden, so können die Eigenschaften der Kuh analysiert werden. Wenn sie die gewünschten aufweist, wird sie zur Zucht verwendet.
Der Torero, in voller Montur, heißt übrigens Lama de Gongora und ist in Sevilla geboren.
Nach kurzer Begrüßung ging es auch schon los. Das Tor öffnete sich und die Kuh stürmte in die Arena.

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Für mich war das total spannend zuzusehen. Oft dachte ich mir, so und jetzt erwischt ihn die Kuh. Aber nein, er ist immer ganz geschickt ausgewichen und sein „Tanz“ war wirklich beeindruckend.
Nach einigen Minuten durfte dann auch der „Lehrling“ das rote Tuch schwingen. Bei ihm hatte ich kein gutes Gefühl, da er noch wirklich sehr unerfahren war. Einmal hätte ihn die Kuh auch fast erwischt. Zum Glück aber nur fast, denn ich war wirklich nicht heiß darauf, mein Wissen der Ersten Hilfe unter Beweis zu stellen.
Nachdem Sergio mit der Bewertung fertig war, meinte er, dass wir jetzt dran wären.
Was jetzt wirklich!? – Ja, wirklich!
Aber nicht alleine, sondern zusammen mit Francisco und mit dem größeren gelb/pinken Tuch. Der erste Freiwillige war Roland, der zweite Hans und als Dritte war ich an der Reihe. Aber würde ich mich wirklich in diese Arena zu dieser Stierkampfkuh trauen? Mein Herzschlag wurde immer schneller und ich wusste nicht, was ich machen sollte. Einerseits wollte ich mir diese einmalige Chance nicht entgehen lassen, aber andererseits war es doch auch nicht ganz ungefährlich.
Aber die mich besser kennen wissen, dass ich eine kleine Abenteurerin bin, also bin ich aufgestanden und in die Arena gehopst.
Und ich kann euch sagen, dass es sich voll und ganz ausgezahlt hat. Diese Erfahrung war einfach nur unglaublich!!!
Vor allem, wenn man direkt vor dem Stier/Kuh steht und er/sie direkt auf einen stürmt – pures Adrenalin sag ich euch!

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Nach unserer Mutprobe haben wir uns dann unser Abendessen wirklich verdient. Und im Anschluss haben wir den Abend noch mit einem netten Lagerfeuer ausklingen lassen.

Am nächsten Tag hieß es für uns auch schon wieder Abschied nehmen von Sergio und der schönen Hacienda, denn wir hatten einen weiten Weg nach Cuautla, zur Mutter von Francisco, vor uns.

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